Häufig entstehen Konflikte, wenn Vermieter die Kaution nach dem Auszug eines Mieters einbehalten. Wann ist dies zulässig und warum hat der Bundesgerichtshof die Position der Vermieter nun gestärkt?
Gründe für die Einbehaltung der Mietkaution
Vermieter dürfen die Kaution ihrer Mieter aus verschiedenen Gründen einbehalten, darunter offene Mietzahlungen, ausstehende Nachzahlungen von Betriebskosten oder Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen, sofern diese über normale Abnutzung hinausgehen und im Mietvertrag vereinbart sind.
Weitere Gründe sind Schadensersatz oder Reparaturen wegen Beschädigung der Mietsache. Voraussetzung für das Einbehalten der Mietkaution ist die Zweckbindung, was bedeutet, dass die Kaution nur für vertraglich geregelte Ansprüche verwendet werden darf.
Sanierungen für nachfolgende Mieter oder Forderungen aus vorherigen Verträgen dürfen nicht mit der Kaution finanziert werden.
Ausnahmen bei Verjährungsfrist für Schadenersatzforderungen
Nach Rückgabe einer Wohnung haben Vermieter gemäß Paragraf 548 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sechs Monate Zeit, um von ihren ehemaligen Mietern Schadenersatz für Beschädigungen einzufordern. Das BGB erlaubt jedoch eine Ausnahme von dieser Verjährungsfrist: Wenn der Anspruch vor Ablauf der sechs Monate theoretisch hätte verrechnet werden können, ist eine spätere Abrechnung möglich.
Voraussetzung dafür ist, dass es sich um zwei gleichartige Forderungen handelt, also bei der Barkaution „Cash gegen Cash“. Vermieter können bei Beschädigungen der Mietsache wählen, ob sie sofort Geldersatz fordern oder dem Mieter die Möglichkeit geben, den ursprünglichen Zustand der Wohnung selbst wiederherzustellen.
Streit um Verjährung der Schadenersatzansprüche
In einem konkreten Fall hatte eine Mieterin ihre Wohnung in Erlangen gekündigt und am 8. November 2019 übergeben. Nachdem sie ausgezogen war, reklamierte der Vermieter am 26. Februar 2020 innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Verjährungsfrist Schäden in der Wohnung, deren Kosten er auf 1.175 Euro bezifferte. Er teilte der Mieterin jedoch nicht mit, ob sie die Wohnung selbst wieder herrichten sollte oder für den Schaden bezahlen müsse.
Da die Mieterin für den Schaden nicht aufkam, behielt der Vermieter die Kaution in Höhe von 785,51 Euro ein, jedoch erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist.
Er begründete dies damit, dass er die Kaution mit Schadenersatzforderungen für Schäden an der Wohnung verrechne.
Die Frau klagte und argumentierte, dass der Vermieter seine Forderungen erst mit der Einbehaltung der Kaution verwirklicht habe, zu einem Zeitpunkt, als die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab ihr recht und entschied, dass der Vermieter schon vor Ablauf der Frist hätte mitteilen müssen, dass er das Geld einbehalten wolle, anstatt Reparaturen an der Wohnung einzufordern.
Der Vermieter wandte sich zur Überprüfung des Nürnberger Urteils an den BGH.
Die Revision des beklagten Vermieters hatte nun Erfolg. Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung an das Gericht zurück.
BGH-Urteil: Längere Verrechnung von Mietschäden mit Kaution möglich
Der Bundesgerichtshof urteilte, dass Vermieter ihre Ansprüche mit der Kaution verrechnen können, selbst wenn der Mieter bereits länger als sechs Monate ausgezogen ist und die Ansprüche eigentlich verjährt sind. Anders als die Vorinstanzen entschied der BGH, dass der Vermieter den Mieter nicht innerhalb der ersten sechs Monate zur Zahlung der Reparaturkosten aufgefordert haben muss, um die Kaution einbehalten zu können.
Das Urteil ermöglicht es Vermietern, sich in Ruhe um die Reparatur der Schäden zu kümmern und diese später mit der Kaution zu verrechnen, sofern sie die Schäden nachweisen können. Die Kaution dient der Sicherung der Ansprüche des Vermieters und ermöglicht ihm, sich nach Ende des Mietverhältnisses durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch zu befriedigen.
Ob im konkreten Fall die Schadenersatzansprüche des Vermieters bestehen, ist jedoch noch nicht entschieden. Der BGH verwies den Fall zurück an das Landgericht, das nun klären soll, ob die vom Vermieter behaupteten Schadensersatzansprüche gerechtfertigt sind.
BGH stärkt Position der Vermieter im Mietstreit
Die Rechtsposition der Vermieter in Deutschland, die sich mit Mietern über Beschädigungen in der Wohnung streiten, ist durch das Urteil gestärkt worden. Demnach dürfen Vermieter Schäden an der Wohnung noch längere Zeit nach dem Auszug des Mieters mit der Kaution verrechnen.
Der Eigentümerverband Haus und Grund hat die BGH-Entscheidung begrüßt, da sie privaten Vermietern eine praxistaugliche Flexibilität einräumt. Der Verband appellierte jedoch an die Vermieter, bereits bei der Wohnungsübergabe alle sichtbaren Schäden zu dokumentieren und auf dieser Basis zügig über die Kaution abzurechnen.
Deutscher Mieterbund kritisiert das Urteil: Mieter verlieren Vertrauen in Kautionsrückzahlung
Der Deutsche Mieterbund äußerte Kritik an dem Urteil des BGH und bezeichnete es als „keine gute Entscheidung für Mieterinnen und Mieter“. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten erklärte, dass das Urteil das Interesse der Mieter an schneller Rechtssicherheit bezüglich ihres Mietkautionsguthabens missachte. Mieter können nun nicht mehr darauf vertrauen, nach mehr als einem halben Jahr nicht mehr mit Schadenersatzforderungen wegen angeblicher Beschädigungen konfrontiert zu werden.
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